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Urteil Obergericht (SH)

Zusammenfassung des Urteils Nr. 60/2005/94: Obergericht

Der Beschuldigte A. wurde des Betrugs schuldig befunden und zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je Fr. 30.- verurteilt. Die Geldstrafe wird aufgeschoben und die Probezeit auf 2 Jahre festgesetzt. Zudem wird der Beschuldigte für 5 Jahre des Landes verwiesen. Die Gerichtskosten belaufen sich auf Fr. 2'500.-, während die Kosten der amtlichen Verteidigung auf Fr. 3'000.- festgesetzt wurden. Die Kosten des Verfahrens werden dem Beschuldigten auferlegt, mit Ausnahme der Kosten der amtlichen Verteidigung, die vorerst von der Gerichtskasse übernommen werden. Der Richter des Obergerichts des Kantons Zürich, lic. iur. R. Naef, hat das Urteil am 31. Oktober 2019 gefällt.

Urteilsdetails des Kantongerichts Nr. 60/2005/94

Kanton:SH
Fallnummer:Nr. 60/2005/94
Instanz:Obergericht
Abteilung:-
Obergericht Entscheid Nr. 60/2005/94 vom 06.07.2007 (SH)
Datum:06.07.2007
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort: Art. 62 OR; Art. 22 Abs. 1 und Art. 29 SHG; § 5 Abs. 1 SHV. Rück­erstattung von Sozialhilfeleistungen bei nachträglich ausbezahlten Krankentaggeldern
Schlagwörter : Sozialhilfe; Leistung; Rückerstattung; Krankentaggeld; Sozialhilfeleistungen; Unterstützung; Krankentaggelder; Zeitraum; Rückerstattungsverpflichtung; Einkommen; Gemeinde; Person; Hilfe; Einkünfte; Sozialhilfekommission; Sozialhilferecht; Vermögenswerte; Anspruch; Versicherung; Höhe; Leistung; Recht; Sozialhilferechts; Gesetzes; Lebensunterhalt
Rechtsnorm:Art. 62 OR ;
Referenz BGE: BGE 2A.320/2002;
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts Nr. 60/2005/94

Veröffentlichung im Amtsbericht

Art. 62 OR; Art. 22 Abs. 1 und Art. 29 SHG; § 5 Abs. 1 SHV. Rückerstattung von Sozialhilfeleistungen bei nachträglich ausbezahlten Krankentaggeldern (OGE 60/2005/94 vom 6. Juli 2007)

Das kantonale Sozialhilferecht regelt die Rückerstattungsverpflichtung abschliessend und vollständig. Die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung obligationenrechtlicher Bestimmungen zur Rückerstattung bei ungerechtfertigter Bereicherung sind nicht gegeben (E. 3b).

Im Streit liegende Krankentaggeldforderungen stellen nicht realisierbare Vermögenswerte im Sinn des Sozialhilferechts dar (E. 4c bb).

Eine Rückerstattungsverpflichtung im Sinn des Sozialhilferechts ist an keine Form gebunden (E. 4c bb und 5).

S., Inhaber und einziger Angestellter der D. AG, musste sich Ende 2004 einer mehrmonatigen stationären Krankenbehandlung unterziehen. Da er weder über Einkommen noch über Vermögen verfügte, richtete ihm die Gemeinde Sozialhilfe aus. In der Folge bezog er für den gleichen Zeitraum Krankentaggelder. Die Gemeinde verpflichtete ihn hierauf, die Sozialhilfeleistungen im Umfang der erhaltenen Taggelder zurückzuerstatten. Seinen gegen die Rückerstattungsverfügung erhobenen Rekurs wies das Departement des Innern ab. Das Obergericht wies die dagegen geführte Beschwerde ebenfalls ab.

Aus den Erwägungen:

  1. .- Die öffentliche Sozialhilfe besitzt nachrangigen Charakter. Sie tritt dann ein, wenn der drohenden eingetretenen Notlage der hilfsbedürftigen Person nicht durch andere öffentliche private Hilfe wirksam begegnet werden kann (Art. 3 des Gesetzes über die öffentliche Sozialhilfe vom

    21. November 1994 [Sozialhilfegesetz, SHG, SHR 850.100]). Wer für seinen Lebensunterhalt nicht hinreichend nicht rechtzeitig aus eigenen Mitteln aufkommen kann, hat gemäss Art. 22 Abs. 1 SHG Anspruch auf materielle Hilfe nach dem Sozialhilfegesetz. Zu den eigenen Mitteln gehören alle Einkünfte und das Vermögen der hilfesuchenden Person (§ 5 Abs. 1 der Sozialhilfeverordnung vom 30. Juni 1998 [SHV, SHR 850.111]). Unter dem Begriff

    Einkünfte ist das gesamte Einkommen aus Erwerbstätigkeit, Vermögen und anderen Quellen zu verstehen. Hierzu zählen auch Ersatzeinkommen jeder Art, wie z.B. Taggelder aus Kranken-, Unfallund anderen Versicherungen (Felix Wolffers, Grundriss des Sozialhilferechts, Bern/Stuttgart/Wien 1993, S. 154).

    Änderungen der wirtschaftlichen sich auf die materielle Hilfeleistung auswirkenden persönlichen Verhältnisse sind gemäss Art. 23 Abs. 4 SHG der unterstützenden Stelle unverzüglich anzuzeigen.

    Nach Art. 29 SHG ist eine unterstützte Person zur Rückerstattung von gewährten Sozialhilfeleistungen verpflichtet, wenn sie diese unter unwahren unvollständigen Angaben erwirkt hat (Abs. 1). Allenfalls ist auch rechtmässig bezogene materielle Hilfe zurückzuerstatten. Dies ist dann der Fall, wenn die unterstützte Person aus Erbschaft, Lotteriegewinn anderen, nicht auf eigene Arbeitsleistung zurückzuführenden Gründen in wirtschaftlich günstige Verhältnisse gelangt (Abs. 2). Besitzt eine hilfsbedürftige Person Vermögenswerte, deren Realisierung nicht möglich nicht zumutbar ist, so kann als Bedingung für die materielle Hilfe eine Rückerstattungsverpflichtung, wenn möglich unter grundpfandrechtlicher Sicherstellung, verlangt werden. Darin verpflichtet sich die unterstützte Person, Leistungen ganz teilweise zurückzuerstatten, wenn die Vermögenswerte realisierbar werden (Abs. 3).

  2. .a) Unbestritten ist, dass der Beschwerdeführer im Zeitraum vom

    1. Januar bis 30. Juni 2005 Fr. 19'855.50 Sozialhilfe und für den gleichen Zeitraum Krankentaggelder aus einer privaten Versicherung in Höhe von Fr. 16'755.bezog. Auch wenn diese wie im Übrigen auch viele andere als Einkünfte anzurechnende Einkommensbestandteile im Gesetz nicht ausdrücklich aufgeführt sind, so steht ausser Frage, dass es sich hierbei um eigene Mittel bzw. Ersatzeinkünfte für den ausgefallenen Lohn bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit in Form von Ansprüchen gegenüber Dritten handelt, die bei der Festsetzung der materiellen Sozialhilfeleistungen zu berücksichtigen sind.

    b) aa) Das Departement des Innern bezeichnet den Beschwerdeführer aufgrund des gleichzeitigen Bezugs von Sozialhilfe und Krankentaggeldern als ungerechtfertigt bereichert und sieht daher die Rückerstattungsverpflichtung in Art. 62 des Schweizerischen Obligationenrechts vom 30. März 1911 (OR, SR 220) begründet.

    Nach Art 62 OR hat derjenige, der in ungerechtfertigter Weise aus dem Vermögen eines andern bereichert worden ist, die Bereicherung zurückzuerstatten (Abs. 1). Diese Verbindlichkeit tritt insbesondere dann ein, wenn jemand ohne jeden gültigen Grund aus einem nicht verwirklichten nachträglich weggefallenen Grund eine Zuwendung erhalten hat (Abs. 2). Das

    schweizerische Verwaltungsrecht leitet aus dieser Regelung einen allgemeinen Rechtsgrundsatz ab, der zur Anwendung gelangt, wenn das Gesetz nichts anderes vorsieht (BGE 2A.320/2002 vom 2. Juni 2003, E. 3.2; Häfelin/Haller/Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 5. A., Zürich/Basel/Genf/St. Gallen 2006, Rz. 760, S. 163). Dabei macht es keinen Unterschied, ob die ungerechtfertigte Leistung vom Gemeinwesen von Privaten erbracht wurde. Hat indessen das positive Recht die Frage der Rückerstattung geordnet, so sind allein diese geschriebenen Vorschriften massgebend; sie haben im Zweifel als abschliessende und vollständige Ordnung zu gelten (Rhinow/Krähenmann, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, Ergänzungsband, Basel und Frankfurt am Main 1990, Nr. 32 B I, S. 93).

    bb) Wie aufgezeigt, enthält das kantonale Sozialhilferecht für die zu regelnde Rückerstattungsverpflichtung eine abschliessende und als vollständig anzusehende Regelung. Entgegen der im Rekursentscheid vertretenen Auffassung ist daher der aus Art. 62 OR abgeleitete allgemeine Rechtsgrundsatz, wonach grundlos erfolgte Zuwendungen zurückzuerstatten sind, in der vorliegenden Sache nicht anzuwenden, da Sozialhilfeleistungen zurückgefordert werden.

  3. .a) Der Beschwerdeführer setzte die Sozialhilfekommission spätestens mit seinem Gesuch vom 22. April 2005 von seiner privaten Krankentaggeldversicherung in Kenntnis. Da Versicherungsprämien unbezahlt blieben, war zu diesem Zeitpunkt offen, ob überhaupt (noch) ein Anspruch auf Krankentaggelder besteht. Dem Beschwerdeführer kann daher nicht vorgeworfen werden, dass er die Sozialhilfeleistungen unter unwahren unvollständigen Angaben erwirkt habe. Somit bildet auch Art. 29 Abs. 1 SHG keine Rechtsgrundlage, die gewährte materielle Sozialhilfe zurückzufordern.

    1. In seinem Gesuch vom 22. April 2005 hielt der Beschwerdeführer jedoch selber explizit fest, dass es sich bei der Sozialhilfe um einen vorläufigen Unterstützungsbeitrag handle. Ausserdem erkundigte er sich danach, ob die Gemeinde im Falle einer Verweigerung der Zahlung des Krankentaggelds zur Wahrung der Interessen der Sozialhilfe die rechtliche Vertretung vor dem Versicherungsgericht übernehmen würde. Gleichzeitig verwies er darauf, dass das Krankentaggeld seit Anfang 2005 fällig sei und, da dieses betragsmässig über dem Unterstützungsbedarf liege, die Sozialhilfe entlaste. In der Folge bot er der Sozialhilfekommission auf den Rückforderungsbeschluss hin an, für ein kantonales Arbeitslosenprogramm, an dem die Gemeinde beteiligt ist, im Sinn einer Leistung auf Gegenleistung eine Nutzenevaluation zu einem Spezialpreis vorzunehmen. Nach Ansicht des Beschwerdeführers sollte in einem gegenseitigen Gespräch die Lösung bezüglich Höhe und Modus einer allfälligen Rückzahlung von bezogenen Sozialhilfegeldern gesucht werden.

      Dabei gingen beide Parteien zweifellos davon aus, dass die Sozialhilfeleistungen lediglich der vorübergehenden Unterstützung dienten, bis der Beschwerdeführer wieder über eigene Einkünfte verfügte und die Sozialhilfe von Gesetzes wegen nur unter dem Vorbehalt gewährt wird, dass ihm während des gleichen Zeitraums keine anderen Einkommen zur Verfügung stehen. Da jedoch die nachträgliche Ausrichtung von Krankheitstaggeldern nicht unter Art. 29 Abs. 2 SHG fällt, können die für den gleichen Zeitraum bezahlten Sozialhilfeleistungen auch nicht unter diesem Titel zurückgefordert werden.

    2. aa) Gemäss dem am 15. November 2004 unterzeichneten Antrag auf Leistungen der öffentlichen Sozialhilfe nahm der Beschwerdeführer u.a. davon Kenntnis, dass Veränderungen der Einkommensund Vermögensverhältnisse sofort und unaufgefordert zu melden sind und alle Einkünfte mit Unterstützungsleistungen verrechnet werden. Die Sozialhilfekommission lässt sich praxisgemäss von Hilfeempfängern u.a. den Anspruch auf Taggeldleistungen abtreten, um spätere Rückforderungen zu verhindern. Im vorliegenden Fall gelang es ihr aber nach unbestritten gebliebener Darstellung nicht, vom Beschwerdeführer eine entsprechende Abtretungserklärung zu erhalten. Wie erwähnt, hielt dieser indessen in seiner Eingabe vom 22. April 2005 explizit fest, dass es sich um einen vorläufigen Unterstützungsbeitrag handle. Hierzu führte er im Weiteren aus, dass die Taggeldzahlungen der Krankenversicherung seit Anfang 2005 fällig seien und, da diese über dem Unterstützungsbedarf der Gemeinde lägen, die Sozialhilfe entlasten würden. Des Weiteren hielt der Beschwerdeführer in einem Schreiben vom 7. Juli 2005 fest, dass er mit seinem Angebot, den Nutzen des Arbeitsprogramms zu evaluieren, seine Unterstützungsschuld gegenüber der Gemeinde kreativ und von seinen beruflichen Kompetenzen her symbolisch ausgleichen könnte.

    bb) Der Beschwerdeführer befand sich ab November 2004 in einer Notlage, da er infolge Krankheit, zunächst umstrittenem Anspruch auf Krankentaggelder, fehlendem Einkommen und Vermögen seinen laufenden Lebensunterhalt nicht bestreiten konnte. Da die Taggeldleistungen der Krankenversicherung ungewiss waren, in jedem Fall aber nicht rechtzeitig zur Deckung seines laufenden Lebensunterhalts zur Verfügung standen, wurden ihm die materiellen Sozialhilfeleistungen unter dem Vorbehalt vorgeschossen, dass sie in Höhe der für den betreffenden Zeitraum nachträglich bezogenen Einkünfte zurückzuerstatten sind. Dabei stellten die Krankentaggelder Vermögenswerte dar, deren Realisierung unsicher erschien bzw. (zunächst) nicht möglich war.

    Wie dargestellt, gingen daher sowohl der Beschwerdeführer als auch die Sozialhilfekommission davon aus, dass es sich bei der gewährten Sozialhilfe nur um eine vorläufige Unterstützung handelt, welche gegebenenfalls zurückzuerstatten ist, falls doch Krankheitstaggelder erhältlich gemacht werden kön-

    nen. Somit liegt eine Rückerstattungsverpflichtung im Sinn von Art. 29 Abs. 3 SHG vor, für welche das Gesetz keine besondere Form vorschreibt. Nachdem inzwischen Krankentaggelder in der Höhe von Fr. 16'755.für den massgebenden Zeitraum ausgerichtet worden sind, kann die Rückerstattungsforderung der Sozialhilfekommission demnach auf die zuletzt erwähnte Gesetzesbestimmung gestützt werden. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers handelte es sich hierbei nicht um eine freiwillige, von ihm selber zu bestimmende Rückerstattung, Vielmehr besteht aufgrund von Art. 29 Abs. 3 SHG eine entsprechende gesetzliche Pflicht. Um ähnliche Probleme wie im vorliegenden Fall zu vermeiden, sollte die Sozialhilfekommission in Zukunft jedoch ihre Sozialhilfeleistungen ausdrücklich von einer entsprechenden Rückerstattungspflicht abhängig machen bzw. Unterstützungsleistungen erst vornehmen, wenn eine Abtretungserklärung im Sinn von Art. 26 Abs. 3 SHG vorliegt.

  4. .- Nach dem Gesagten ist zusammenfassend festzuhalten, dass der Beschwerdeführer sich für den Fall des Eingangs des Krankentaggelds zumindest sinngemäss zur Rückerstattung des entsprechenden Betrags verpflichtet hat. ...

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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